Jan Mehlum: Schöner Schein Trügt/Kalte Hände (1996/1998)

(Referat fra innlegg holdt på Berliner Krimi Woche, september 1998 og Burgdorfer Krimi Tagen i Sveits, november 1998)

Schöner Schein Trügt und Kalte Hände sind hardboilder Krimis. Diese Stielart ist nicht verbraucht, muss aber der Modernität angepasst werden: Fragmentierung, Entfremdung und Unsicherheit. Die Städte, auch eine Kleinstadt wie Tönsberg, sind von Rastlosigkeit und Kriminalität bedroht. Nichts ist wie es einmal war, und niemand weiss wohin wir weiter gehen. Die langen Linien und die grossen Erzählungen sind vorbei. Der Detektiv ist der letzte Held, der unsere gute altmodische Moral verteidigt, wenn er auch ein Anti-Held ist. Wie viele von meinen Kollegen bin ich definitiv von den schwedischen Krimiautoren Schöwall/Wallöe inspiriert, ich habe aber versucht, diese Mollstimmung in die 90er-Jahre einzuführen.
 
Schöner Schein Trügt und Kalte Hände sind Krimis mit kritischem Blick: Die Perspektive geht von unten nach oben. Der Rechtsanwalt Svend Foyn  (die Name ist ein metaphe; der wirkliche Svend Foyn war ein grosser Industribauer und Unternehmer in der Kleinstadt Tönsberg)  identifiziert sich vielmehr mit den Ausgestossenen und den Verlierern als der lokalen Oberklasse. Selbst ist er ein alter poltischer Radikaler. Durch seine Universitätsstudien hat er während der 70er-Jahre einiges über Macht und Machtlosigkeit gelernt. Aber in den späten 90-Jahren haben diese Begriffe anscheinend nicht viel Gültigkeit.

Schöner Schein Trügt und Kalte Hände sind Krimis mit soziologischer Perspektive: Die Verbrechen und die Verbrecher müssen aus Ereignissen und Strukturen in der Gesellschaft verstanden werden; und zwae wirtschaftliche, politische und moralische. Und die Leute mit Macht und Einfluss bestimmen immer die Spielregeln, fast sogar in den skandinavischen Sozialdemokratien. Trotzdem ist die Welt nie einfach, nichts und niemand ist wie es aussieht. Alles ist anders. Der Amateurdetektiv ist der einzige, der irgendwie und irgendwo die Wahrheit sucht, auch wenn seine Methoden nicht traditionell und bestimmt nicht ganz legal sind.

Es gibt sogar viele Ähnlichkeiten zwischen den Soziolog und den Detektiv:

Schöner Schein Trügt und Kalte Hände anwendet die kleinstadt als ein Sinnbild der norwgischen Wirklichtkeit. Die Norweger wohnen in Kleinstädten. In diesem naturschönen Land gibt es keine Grosstädte. Aber in den kleinen Idyllen, hinter den schönen Kulissen, gibt es alles was wie man es in den Grosstädten finden könte kann; Hass, Begierde, Liebe und Betrug.
 
Schöner Schein Trügt und Kalte Hände handeln darüber wie ein normaler Mensch ganz einfach die Kontrolle verlieren kann. Das Stottern meines Anti-Held ist ein Bild dieser Unsicherheit. Plötzlich befindet er sich in einer Lage die er sich nie hat vorstellen können. So ist auch unsere Wirklichkeit; wir bewegen uns alle am Rande des Abrunds. Aber normalerweise denken wir nicht darüber. Eine unvorsichtige Handlung, eine zufällige Begegnung, ein plötzlicher Einfall, und die Wirklichkeit ist für immer verändert.
 
Schöner Schein Trügt und Kalte Hände zeigen wie wir alle durch unsere Geschichten geprägt sind. In der Vergangenheit liegen die Antworten auf unsere jetzigen Fragen. Unsere Leben sind immer von Ergebnissen in der Vergangheit beeinflusst.

Schöner Schein Trügt und Kalte Hände sind Fiction und Räubergeschichten. Alles was hier erzählt wird, ist irgendwann oder irgendwie passiert. Jedenfalls wäre es möglich, dass so etwas passiert hätte passieren können. Die Wirklichkeit holt die Fantasie immer ein.

Svend Foyn ist in mancher Hinsicht kein traditioneller Detektiv. Er ist ein normaler heterosexueller Mann. Als Detektiv ist er aber ein Amateur. Was ihn von den meisten von uns unterscheidet, ist sein starker Drang nach Gerechtigkeit. Immer noch glaubt er, das die Gerechtigkeit am Ende gewinnen wird. Der Krimi-Held hat deswegen mehrere Funktionen als nur Spannung zu bringen; er schaft wieder Ordnung im Kaos, Rationalität in die Irrationalität und Gerechtigkeit in der Ungerechtigkeit unserer Gesellschaft. Er gibt uns die Antworten die wir brauchen, aber nicht haben. Der Bedürfnis nach Wahrheit und Wissheit ist bei uns immer stark. Und ein guter Krimi-Held soll auch Raum für Identifikation schaffen. Als Leser nehmen wir seine Rolle.

Schöner Schein Trügt und Kalte Hände sollen zunächst erspannende Geschichten sein, die dem Leser im Atem hält. Einen  richtigen Krimi darf man nicht weglegen, wenn man erst zu lesen angefangen hat.

Jan Mehlum